blog 04 // nimmerland – part II – written by Tobi
Es war eine schöne Zeit, nein es war die Beste.
Und für diese Zeit, schreibe ich diese Texte.
Ich erinnere mich, wenn ich diese Zeilen schreibe.
Ich bin Peter Pan, weil ich für immer Kind bleibe.
Fjordlands // Nach Queenstown hatten wir die Qual der Wahl. Wollten wir die nächsten sonnigen Tage an dem Spot verbringen, an dem man angeblich mit Delfinen schwimmen kann oder wollten wir die Tage am Milford Sound verbringen – dem Fjordparadies Neuseelands?! Wir entschieden uns für Milford Sound, in der Hoffnung, dass das Wetter auch danach sonnig blieb.
In Windeseile fuhren wir also nach Te Anau – dem Tor und Ausgangspunkt für zahlreiche Fjorderkundungen. Angekommen, deckten wir uns mit Sprit und Naturalien ein und fuhren schnurstracks weiter, wollten wir doch keine Zeit verlieren. Auf dem Weg Richtung Norden kamen wir am Endpunkt des Routeburn Tracks vorbei. Dessen letzte Teilstrecke führte ab zum Key Summit und sollte return ungefähr 3 Stunden dauern. Da es bereits 17 Uhr war, sollten wir uns vor Sonnenuntergang also beeilen. Und so machten wir uns los. Schon die Aussicht unterwegs war beeindruckend. Oben angekommen, eröffnete sich uns eine Art Alpiner Garten – unerwartet eindrucksvoll in dieser Höhenlage. Nicht umsonst wird der Key Summit Track wohl als einer der schönsten Tageswanderung im Fjordland National Park bezeichnet. Dennoch kamen wir etwas zu spät. Mit einmal zogen riesige weiße Wolken auf und versperrten uns jegliche Sicht auf die beiden gegenüberliegenden Gebirgsketten Humboldt und Darran sowie den zwischen Mount Christina und Mount Gunn liegenden Gletschersee Lake Marian. 10 Minuten eher und wir hätten eine spektakuläre Aussicht genießen können. Wir warteten noch ein wenig ab, in der Hoffnung, dass die Wolkendecke vielleicht aufreißen würde, aber der Blick auf die Uhr riet uns zum Abstieg. Mit dem Untergang der Sonne erreichten wir wieder den Raumi.
Am nächsten Morgen setzten wir unseren Weg Richtung Milford Sound fort. Die Straße schlängelte sich durch saftig grüne, tiefe Täler, die umgeben waren von hohen, rauen Felswänden. Weiter ging es durch den schlecht beleuchteten Homer-Tunnel, was für den Raumi in eine Art Elchtest ausartete, denn die Straße war durchspickt mit Schlaglöchern. Auf der anderen Seite angekommen, trafen wir auf den ersten und einzigen Kea unserer Neuseelandreise. Der grüne Bergpapagei zeigte sich von seiner aufmüpfigen und frechen Seite. Doch noch während wir den vor uns anhaltenden chinesischen Kleinbus belächelten, den er mit gezielten Schnabelangriffen attackierte, sollte sich das Blatt schnell wenden. Mit einem Satz kam er zu uns rüber und sprang von der Motorhaube direkt aufs Dach des Raumis. Entschlossen steuerte er auf unsere Antenne zu und begann diese unter lautem Gezwitscher zu massakrieren. Plötzlich waren wir uns unsicher, ob es so clever war hier anzuhalten. Sein Schrei nach Futter wurde immer energischer und er stapfte lauthals schreiend zur Gummi-Dichtung des Daches. Mit all seiner Schnabelkraft biss und zerrte er daran. Während ich mir das Schauspiel sehr amüsiert durch das Kameraobjektiv anschaute, wurde Caro langsam nervös. Laut gestikulierend versuchte sie den Bergpapagei vom Raumi zu jagen, um vermeintlich „Schlimmeres“ zu vermeiden. Doch der Kea ließ sich von ihr nicht beeindrucken. Er krähte sie einfach zurück an und zerrte weiter an der Dichtung. Nach Caros 20sten: „Der macht das kaputt! Jetzt mach doch was!“, fragte nun auch ich mich, wie wir ihn dort runter bekommen sollten?! Ich stieg ins Auto und versuchte langsam loszufahren, in unserer beider Hoffnung, dass der Kea dadurch losfliegen würde. Doch er lies sich auch weiterhin nicht in dem was er da tat beirren. Mittlerweile standen wir dort gut eine halbe Stunde ohne Erfolg – na gut – super Bilder hatten wir geschossen, aber die kosteten auch ihren Preis. Oder besser gesagt, der Raumi musste zahlen. Erst der Campervan, der nun endlich auf der anderen Straßenseite anhielt, lenkte die Aufmerksamkeit des Keas auf sich. Vielleicht gab es ja dort etwas zu futtern für ihn. Er stürzte runter vom Raumi und watschelte den „noch“ erfreuten Neuankömmlingen entgegen. Unsere Chance war gekommen. Wir wünschten den beiden Handyzückenden von nebenan gedanklich viel Glück, sprangen ins Auto und machten uns aus dem Staub.
Als wir uns Milford Sound näherten, ging die Straße fast nahtlos von Fahrbahn in Parkplatz über. Wir waren angekommen, wie auch etliche chinesische Reisebusse, die direkt vor dem einzigen großen Gebäude – dem Fährterminal – parkten und ihre Insassen in Scharren zu den Check-in-Ständen leiteten. Wir waren natürlich genau zur Prime-Time vor Ort, was sich vor allem in den Preisen für die geplante „Kaffeefahrt“ durch den Fjord zeigte. Wir ließen die Angebote der unzähligen Anbieter erst einmal sacken und spielten verschiedene Verhandlungsszenarien durch. Doch war es den Preis im wolkenverhangenen Fjord wert?! Wohl eher nicht… wir verließen ein wenig unzufrieden das Terminal und schauten uns den Fjordeingang vom Festland aus an. Gedanklich schipperten wir die Szenerie ab, die so wunderschön rough hinter den Fjordfelsen zu liegen schien. Es war ok – wir konnten uns mit der Aussicht des Milford Sounds zufriedengeben. Nach einer Weile des Verweilens und Caros kurzem Nickerchen auf einem Baumstamm begaben wir uns auf den Rückweg. Immerhin hatte sich der Weg schon allein wegen dem Kea-Erlebnis gelohnt! Manchmal sind es die kleinen und unerwarteten Begebenheiten auf einer Reise, die in Erinnerung bleiben.
Catlins // Ohne Kompromissbereitschaft auf einen möglichen Zwischenhalt für die Nacht fuhren wir schnurstracks in die Catlins. Nicht nur, um die Möglichkeit einen Delfin zu sehen aufrecht zu erhalten, hinzu kam die Vorhersage einer deutlichen Wetterverschlechterung. Ohne große Umwege, die Caro gern mal für uns einbaut ;), ließen wir die Fjorde hinter uns und fuhren zum vermeintlich südlichsten Punkt auf unserer Reise, 47 Grad Süd. Unser Ziel: Delfine spotten! Da die Strecke auf neuseeländischen Straßen mal wieder länger dauerte als erwartet, machten wir an der Monkey Island Rast für die Nacht. Nach einem spektakulären Sonnenuntergang und ersten arktischen Wassertemperaturerfahrungen meinerseits, präparierten wir den Raumi zum Schlafen. Wir waren gerade fertig, als plötzlich ein sehr hastig und überfordert wirkender Fahrer knapp neben uns einparkte. Nach einigen Runden um sein Auto sowie 3 Sprints die Düne hoch und runter, stieg der vokuhila- und gummistiefeltragende Typ, zurück in sein Auto und blieb wie angestarrt für eine Weile sitzen. Dann – wir hatten es uns gerade im Kofferraum gemütlich gemacht – startete er den Motor, wendete seinen Wagen und fuhr mit einem Satz extrem knapp an unserem Auto vorbei, schräg auf die Düne. Da stand er nun, direkt vor unserem Auto, gut 2 Meter höher und total schief. Er schien festgefahren zu sein. Stockduster, sahen wir lediglich das Rot der Rücklichter uns entgegen scheinen. Er stieg aus, schaute wieder hastig und nervös wirkend um seinen alten Kombi, stieg wieder ein, machte den Motor an und versuchte erneut nach oben zu gelangen. Dabei fuhr er sich jedoch weiter fest, sodass er nach einigem Motorgetöse versuchte etwas nach unten zu rollen, um neuen Anlauf zu nehmen. Dies probierte er zweimal – bis – ja bis er so knapp vor unserer Motorhaube zum Stehen kam, dass Caro mich bereits im Bett ansprang – vor Angst er könnte uns vorn drauffahren. Ich wollte gerade aussteigen, da machte er einen kleinen Satz nach vorn – vermutlich Gas gegeben und dann die Kupplung schnipsen lassen – sodass er es wieder einen Meter nach oben schaffte, einlenkte und sich schräg rückwärts und nur wenige Zentimeter um unser Auto windete. Ich war bereits ausgestiegen, da fuhr er los und wir grübelten über die Sinnlosigkeit dieser Aktion und die Folgen einer möglichen Kollision.
Am nächsten Tag wechselte das Wetter. Ein eisiger Sturm wehte aus der Antarktis zu uns und brachte viel Regen für die nächsten Tage mit sich! Leider einen Tag zu früh, fuhren wir doch heute an die Bay, in der seltene Hector-Delfine ihre Nachkommen großziehen. Wie Robben bringen auch sie ihren Nachwuchs Ende November, Anfang Dezember zur Welt. Beste Aussichten für uns sie anzutreffen. Als wir jedoch ankamen, war die Curio Bay in ein tristes Grau aus Regen und Wolken gehüllt. Es sah zunächst schlecht aus Delphine zu spotten und so entschieden wir uns vorerst im Auto auszuharren und Ausschau zu halten. Als nach ein paar Stunden keine Wetterverbesserung in Sicht war, mieteten wir einen Stellplatz auf dem Campingplatz vor Ort und nutzten deren Küche, um uns etwas aufzuwärmen. Als es zum Sonnenuntergang etwas aufhörte zu regnen, nutzten wir die Möglichkeit in der Bay um die Ecke das Ankommen der Gelbaugenpinguine mitzuerleben. Leider galt die Ankunft nicht als Insider, sodass wir mit 15 anderen Touristen vorliebnehmen mussten. Wie so oft ist auch hier der Tourismus nicht spurlos an Neuseeland vorbeigegangen und so sahen wir bis auf den Lonely Ranger, wie wir den einzigen an dem Abend ankommenden Pinguin nannten, keinen Weiteren.
Der darauffolgende Tag hatte zunächst Sonnenschein im Gepäck und so aßen wir Frühstück mit Blick auf die Curio Bay. Nachdem ich – aus Caros Sicht – gute fünfmal Delfin-Fehlalarm gegeben hatte, verschlechterte sich das Wetter wieder. Kurze Zeit darauf waren wir erneut eingehüllt in das tiefe Grau vom Vortag. Zusammen mit 3 Anderen saßen wir im Auto und hielten Ausschau – gut eine Stunde. Als dann nach und nach die anderen Autos fuhren, hatten wir eigentlich schon die Hoffnung aufgegeben. Nachdem auch das letzte Auto gefahren war, gaben wir uns noch ein Time-Limit von 30 Minuten einen Delfin zu spotten. Doch dann – und ich denke hier hat das Universum mitgespielt – sah ich etwas. Erst nur eine vage Finne, dann einen Sprung. Es konnte nicht anders sein, es waren Delfine. Wir sprangen auf – griffen Kamera und GoPro und stürmten los. Kalter Regen schoss uns ins Gesicht, der Wind stürmte so stark, wir traten fast auf der Stelle. Die Delfine jedoch hatten sichtlich Spaß und ritten regelrecht in den aufgereihten Wellen. Nach einigen schlechten Fotos vom Strand, zog ich meine Schuhe aus, gab Caro mein Handy und watete langsam ins Wasser. Es war eiskalt. In Socken, langer Hose und Regenjacke lief ich Schritt für Schritt weiter, bis ich hüfthoch im Wasser stand und die ankommenden Wellen mich vor und zurück rissen. Rund 50 Meter entfernt stand ich im Wasser und hoffte, dass die Delfine neugierig genug waren, um auf ein paar Meter heranzukommen. Ungefähr 3 Minuten passierte nix. Das Wasser war so kalt, dass es anfing zu schmerzen. Zitternd und mit den Zähnen klappernd stand ich da und starte auf das Meer, die Windböen mir den kalten Regen ins Gesicht peitschend. Aber dann sah ich, dass zwei Delfine sich in meine Richtung bewegten. Da sie zum Luft holen an die Oberfläche kommen, konnte ich zusehen, wie sie in 5 Meter Etappen langsam auf mich zukamen. Ich zückte die GoPro und filmte. Und dann war er da dieser Moment, in dem man sich fühlt, als würde man neben sich stehen – von oben auf sich herab schauend – jeglicher Schmerz der Kälte ist wie ausblendet und man glaubt für diesen einen kurzen Moment allein auf der Welt zu sein. Bis auf wenige Zentimeter nah, umkreiste mich eine Mutter mit ihrem Kalb. Seicht und elegant durch das Wasser schwimmend, mit einem kleinen Zischen an der Oberfläche und einem bewusst wirkenden Herantasten nahmen sie Kenntnis von mir. Ich verweilte noch etwas, gebettet in einem wohligen Gefühl aus Harmonie und Freude. Und als ob es nur eine Art erste Begrüßung war, kamen jetzt noch weitere Delfine zu mir und spielten vor mir im Wasser. Allein stehend an diesem riesigen Strand, weit und breit nur Caro zu mir blickend, waren wir mal wieder zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Völlig durchnässt und durchgefroren gingen wir zurück zum Auto und konnten noch immer nicht ganz realisieren, was eben passiert war. Nach einer Weile besserte sich das Wetter etwas und wir sahen die Delfine erneut. Damit auch Caro diese Erfahrung erleben konnte, gingen wir wieder zum Wasser und Caro lief gut 50 Meter entfernt in die Brandung. Als nun auch die Delfine zu ihr kamen, hatte sie ihren speziellen Moment. Da wir bereits neue Sachen anhatten, waren auch diese wieder so nass, dass wir beschlossen noch eine weitere Nacht auf dem Campingplatz zu verbringen, um uns aufzuwärmen und mal alles durchzuwaschen. Als das Wetter sich am späteren Nachmittag besserte, schauten wir nochmal zur Bay und sahen die Delfine vor Glück umherspringen. Wir zückten unsere Kamera und schossen ein paar atemberaubende Aufnahmen. Der Tag hätte nicht besser zu Ende gehen können. Für diese Erlebnisse sind wir auf Reisen gegangen, diese Erinnerungen werden für immer in unseren Köpfen bleiben!
Am Tag darauf trafen wir wieder auf unsere alten Bekannten, die wir am Tongariro Crossing kennengelernt und in Queenstown wiedergetroffen hatten. Leider hatte sich das Wetter über Nacht so sehr verschlechtert, dass der Wind und Regen einen regelrecht wegblies. Wie wir im Nachhinein hörten, hatten sie kein Glück und mussten ohne diese Erfahrung weiterreisen. Wir hingegen fuhren die Catlins entlang bis nach Dunedin.
Dunedin // In Dunedin angekommen, herrschte immer noch schlechtes Wetter und so beschlossen wir die Nacht im Auto auszuharren. Der darauffolgende Morgen begrüßte uns dann mit strahlendem Sonnenschein. Mit den gestrigen Erinnerungen im Gepäck starteten wir ins nächste Abenteuer – zu einer Albatros-Kolonie bei Dunedin. Bereits der Weg dahin war atemberaubend. Auf einer einspurigen Serpentinenstraße windeten wir uns die Schereninsel entlang. Am Ende angekommen, mussten wir jedoch feststellen, dass so selten Albatrosse auch seien mögen, so gefragt sie auch bei Touristen zu seien scheinen. Im Halbstundentakt kam ein chinesischer Reisebus an, um 50 neue, laute und meist auch rücksichtslose Touristen auszuspucken. So langsam waren wir echt genervt von dieser Art des Tourismus, der nur darauf abzielt, jedem kommerziellen Touristen-Highlight kurz einen Besuch abzustatten, hektisch und lauthals schreiend durch die Gegend zu rennen, kurz und meist in völlig sinnfreier Pose die Erinnerung abzulichten, um dann nach dem Verstopfen der Toilette wieder in den klimatisierten Reisebus zu sprinten und zur nächsten „Attraktion“ zu hetzen. Tourismus in seinem schlimmsten Ausmaß! Und noch ein weiterer negativer Umstand ging damit einher, dass die Neuseeländer an diesen Spots Preise abrufen, die sich jeglicher Angemessenheit entziehen. Für uns hieß das 50$ Eintritt, um auf das unter Schutz stehende Cliff gehen zu dürfen. Das investierten wir nicht und so warteten wir auf einem Aussichtspunkt davor auf die Ankunft der Albatrosse. Tatsächlich kamen sie vom Meer zurück zu ihre Brutstätte geflogen. Elegant und mit Hilfe ihrer enormen Flügelspanne segelten sie im Wind dahin. Sie waren teilweise so schnell, dass es schwer war ein gutes Foto von ihnen zu schießen und so zögerte ich das Verweilen ziemlich in die Länge. 5 Stunden, um genau zu sein. 😉
Dunedin selbst bot nicht viel. Eine typische neuseeländische Stadt. Kein Leben, kein Flair, dafür jedoch alles was man benötigte um den Proviant aufzufüllen, kleinere Reparaturen vorzunehmen und frisch aufgetankt den Rückweg nach Norden anzutreten.
Oamaru // Den nächsten Zwischenstopp legten wir in Oamaru ein. Hier schien die Uhr ein wenig langsamer zu laufen – sie wirkte fast wie angehalten. Einige wenige Touristen schlenderten entspannt durch die Gassen zwischen gut erhaltenen viktorianischen Gebäuden. Second-Hand-Buchläden reihten sich neben Vintage- und Antiquitätenläden. Wer auf der Suche nach einem alten antiken Fahrrad oder gar einer Pferdekutsche aus früheren Zeiten ist, wird hier mit Sicherheit fündig. Aber auch Steampunk-Begeisterte kommen in der selbst ernannten Steampunk-Hauptstadt auf ihre Kosten. Die ganze Stadt ist übersät mit den Industrial-Skulpturen aus alten, verrosteten und mittlerweile unbrauchbaren Maschinenteilen, wie Zahnräder und Dampfkolben. Die Bewegung spiegelt die Sicht auf die Zukunft, wie sie zu einer früheren Zeit entstanden sein könnte, wieder. Wir fühlten uns ein wenig wie in Mad Max – Fury Road.
Doch nicht nur dieses Flair hatte uns nach Oamaru verschlagen, sondern auch die Seelöwen- und die beiden dort anzutreffenden Pinguinkolonien – die Zwergpinguin- und die Gelbaugenpinguinkolonie. Während sich die Seelöwen am Pier faul in der Sonne räkelten, ließen die Pinguine mal wieder auf sich warten. Angeblich sollten sie am Abend gegen 8 Uhr aus dem Wasser kommen und die Straße beim Campingplatz entlang watscheln. Wir hielten Ausschau – aber nix passierte. Pinguine sind extrem empfindliche Tiere. Sobald sie sich in ihrem gewohnten Umfeld gestört fühlen, z.B. von Touristen, die vor ihnen mit der Kamera rumfuchteln, springen sie verängstigt zurück ins Wasser und kommen nicht mehr an Land zurück. Erschöpft sterben sie meist draußen im Ozean. Da sich die Touristen immer mehr Zugang zu den natürlichen Lebensräumen verschaffen, wäre es also kein Wunder, wenn wir auch dieses Mal keinen Pinguin sehen würden. Wir warteten dennoch geduldig. Plötzlich bewegte sich etwas zwischen den Booten. Vorsichtig näherten sich 3 kleine Zwergpinguine dem Fußweg. Da waren sie! Etwas dusselig dreinschauend standen sie da und wussten nicht so recht ob vor oder zurück. Sie warteten scheinbar darauf, dass der jeweils Andere den ersten Schritt machte. So langsam tasteten sie sich nach vorn, doch dann kamen ein paar Passanten und sie wichen wieder zurück. Das Ganze ging ungefähr 2-3 mal so, bis sie all ihren Mut zusammen nahmen und zügig loswatschelten. Zu dritt sprangen sie auf die Straße und dann tapste jeder von ihnen – als würden sie gerade von der Arbeit kommen und sich gegenseitig zuhause absetzen – in getrennte Eingänge. Es war wirklich amüsant anzusehen! Unerwarteter Weise schien auch einer von ihnen auf unserem Campingplatz zu leben. Direkt unter den Holzdielen der Küche hatte dieser sein Nest und wurde bereits aufmüpfig und lauthals schreiend von seinen gierigen und scheinbar ausgehungerten Jungen erwartet.
Mt. Cook // Nachdem wir nun einige Tage die Ostküste entlanggefahren waren, mussten wir feststellen, dass diese nicht annähernd so schön und unberührt war wie die Westküste. Es fiel uns also nicht schwer das Meer zu verlassen und zurück ins Landesinnere zu fahren. Mit Kurs auf den höchsten Berg Australasiens hieß es für den Raumi mal wieder zu zeigen, was in seinem 1,5 Liter Motor für Pferdestärken steckten. Die anfängliche grüne und bewirtschaftete Hügellandschaft wich zusehends einem weitläufigen und vereinsamten Hochplateau. Einen ganzen Tag benötigten wir, um in unser selbsternanntes Basislager zu gelangen. Auch dieses war wieder einmal ein kostenloser Stellplatz mit Plumpsklo, wie schon so oft. Den nächsten Tag starteten wir früh, um so viel Zeit wie möglich für eine Wanderung einzuplanen. Bei klarer Sicht sahen wir ihn sich bereits aus 60-70 Kilometer Entfernung auftürmen. Zunehmend spektakulärer gestaltete sich auch die Anfahrt entlang des milchig blauen Gletschersees, den er speist. Im Mount Cook Village angekommen, fanden wir uns wieder in einer Art natürlichem Amphitheater. Umgeben von Steilwänden und Gletscherüberresten versuchten wir uns einen ersten Überblick zu verschaffen. Zu dem Trubel vor Ort, den chinesischen Reisebussen und Annehmlichkeiten der Besucher brauch ich ja sicher nichts mehr zu sagen, oder?! Vielleicht sei mir die Frage gestattet, wieso man in aller Welt eine so lange Reise auf sich nimmt – und damit ist nicht die Reise nach Neuseeland gemeint – sondern die 70 kilometerlange Stichstraße zum Village, wenn nicht gar die 250 Kilometer zur nächstgrößeren Stadt, nur um anzukommen, 10 Fotos zu schießen und wieder abzufahren?!
Wir jedenfalls entschieden bis zur Gletscherzunge zu wandern, um von dort den vermeintlich schönsten Blick auf den Berg zu erhalten. Wenn Neuseeland eines zu offenbaren hatte, dann die enorme Vielseitigkeit seiner Landschaften. Für ein so kleines Land, auf so engem Raum, so zahlreiche Naturfacetten zu besitzen, scheint einmalig auf der Erde zu sein. Diesmal wanderten wir entlang einer Art alpiner Baumgrenzenvegetation. Sichtlich in Mitleidenschaft gezogen, waren auch hier die Gletscher bereits weit zurückgegangen und man konnte anhand der Spuren im Felsen nur noch erahnen, welche Ausmaße sie einst besaßen. Jetzt flossen lediglich noch die verschiedenen Gletscherflüsse durch das einst von Schneemassen bedeckte Gebiet. Dennoch wirkte die Masse an Eis gewaltiger als auf der anderen Seite – dem Fox Glacier, den wir vor gut zwei Wochen erkundeten. 3 Hängebrücken, zahlreiche unnötig-gewundene Zickzackwege später, waren wir angekommen. Vor uns erstreckte sich ein mausgrauer mit abgebrochenen Eisbrocken gespickter Gletschersee. An seinem Ende aber bäumte der Berg sich auf, majestätisch und unberührt wirkend. Seinem Anblick nach schien auch er konstatiert über die Abnahme des Eises. Abgebrochene Schneehänge zeichneten ihm ein klarerkennbares Gesicht, das wehmütig nach unten auf die Gletscherüberreste zu blicken schien. Wir saßen da, lauschten leise dem Geräusch, wie Tropfen für Tropfen der schwimmende Eisblock vor uns dahinschmolz. Das entstehende Wasser bahnte sich unaufhaltsam seinen Weg zurück Richtung Meer, wo es vermutlich einst von der Sonne aufgesogen wurde. Wir aßen einen Müsliriegel und traten den Rückweg an.
Christchurch // Christchurch wurde in den letzten Jahren von mehreren schweren Erdbeben heimgesucht. Wichtige Kulturdenkmäler wurden zerstört und im Osten der Stadt wurden um die 12.000 Häuser abgerissen. Wie es mit dem Wiederaufbau weitergehen soll, ist bis heute nicht geklärt. Der Boden unter der Stadt besteht hauptsächlich aus maritimen Sedimenten und Sand, der durch die Beben große Wassermassen aufgenommen hat. Die Standfestigkeit von Gebäuden ist nach wie vor gefährdet. Die einhergehende Unsicherheit und Vorsicht ist deutlich zu spüren. Die Innenstadt ist teilweise immer noch gesperrt und scheint letztlich wie ausgestorben – dies könnte allerdings auch an den 4 Tagen Dauerregen gelegen haben, der über der Stadt hing. Nichtsdestotrotz ist die Stadt nicht so schlecht, wie die meisten berichteten. Ein so tiefgreifendes Ereignis, wie ein Erdbeben kann auch ein gewisses Potential in sich bergen, gemeinsam die Dinge neu anzugehen. Gerade architektonisch könnte sich in den nächsten Jahren viel verändern, sofern die Christchurcher weiterhin so mutig und kreativ bleiben und dem sonst eher langweiligen Einfamilienhaus-Stil der Neuseeländer mit neuen Ideen begegnen.
Abel-Tasman // Während unserer Reise trafen wir immer wieder auf Leute, die von einer bestimmten Gegend auf der Südinsel schwärmten – dem Abel Tasman National Park. Und wenn man eins dort unbedingt machen sollte, dann wohl definitiv eine Kajaktour! Aus dem 400 Kilometer entfernten Christchurch begaben wir uns also auf den Weg zu dem im Norden liegenden Nationalpark, den man fast ausschließlich zu Fuß oder mit dem Kajak erkunden konnte. Am nächsten Tag in Motueka angekommen, fuhren wir direkt zur Information, um unsere Möglichkeiten auszuloten. 2-Tages- oder 3-Tages-Tour? 2 Tage Kajak und 1 Tag wandern oder 3 Tage Kajak? Oder vielleicht nur wandern?! – Nein, das definitiv nicht! Kajaken wollten wir unbedingt! Also entschieden wir uns für eine 3-Tages-Tour, bei der wir nach 2 Tagen das Kajak abgeben und die letzte Strecke zu Fuß zurücklegen sollten. Wie bei so vielen neuseeländischen Mehr-Tages-Wanderungen muss man die Campingplätze des DOC vorab nach Verfügbarkeit prüfen und dann über die Informationszentren oder der Internetseite des DOC buchen. Der Start einer solchen Tour hängt also immer davon ab, ob in der jeweiligen Hut oder auf dem Campingplatz noch ein Platz frei ist. Ein Umstand, der vor allem in der Hauptsaison, wenn alles ausgebucht ist, nervig ist und viel Flexibilität in der Reiseplanung verlangt. Hier sollte man schon weit im Voraus seine Touren planen und die Unterkünfte rechtzeitig buchen. Denn einfach loslaufen gibt es hier nicht. Bei Wildcampen oder ungebuchten Übernachten in einer Hut drohen hohe Geldstrafen. Wir hatten jedoch Glück und konnten unsere Tour lediglich einen Tag später als geplant starten. Wir hatten nun genug Zeit anzukommen, die Gegend um Motueka zu erkunden, etwas am Strand von Kaiteriteri zu entspannen und uns mit den nötigen Vorräten für den Trip einzudecken.
Am Tag unserer Tour starteten wir sehr früh morgens und fuhren noch vor Sonnenaufgang zu unserem Kajakverleiher. Das uns zugeteilte Kajak besaß genug wasserdichten Stauraum für all unser Gepäck und die unzähligen Wasserflaschen, die Caros Lebensversicherung darstellten. Getreu dem Motto – lieber zu viel, als zu wenig. Und da wir auch lieber noch eine Flasche mehr Wasser mitnahmen, anstatt einer Flasche Wein, bekamen wir von unserem Guide auch gleich unser Fett weg. Auch sonst gingen die Witze meist auf uns beziehungsweise auf Kosten der Deutschen im Allgemeinen. Beispielsweise meinte der Guide, wenn man draußen – weit vom Ufer entfernt – ein paar Kajaks sieht, dann sind es immer Deutsche – denn anstatt den schön geschwungen Küstenstreifen abzufahren, würden wir wohl pragmatisch und in unseren Augen absolut effizient den direkten Weg von A nach B bevorzugen. Typisch deutsch halt. Wir mussten lachen – sollten wir uns später doch genau in einer solchen Situation wiedererkennen.
Nach der Einweisung wurde nicht lange gefackelt. Wir wurden mit einem Traktor zum Ufer gefahren, ins Wasser gelassen und schon ging es los. Da waren wir nun – auf der Tasman Sea – bereit für unser kleines Abenteuer. Caro saß vorn und ich taufte sie in Gedenken an unseren alten Hund Eico, der auch immer vorn im Boot saß, zum El Capitano. Hinter ihr Platz nehmend, übernahm ich das Ruder. Bis wir abends unseren ersten Campingplatz erreichen mussten, hatten wir genug Zeit die schönen Buchten und Strände des Abel Tasman zu erkunden. Als wenn wir nie etwas Anderes getan hätten, tauchten wir die Paddel im Gleichtakt ins Wasser und steuerten unseren „Blue Penguin“ durch die raue See. Und da wir natürlich den kleinen Kick brauchten, entfernten wir uns etwas vom Ufer – typisch deutsch – wie unser Guide sagen würde… Die Wellen wurden größer und der Wind stärker. Unser Kajak schaukelte auf und ab und das Wasser schlug an unseren Bug. Wir hatten Spaß – weit entfernt von den anderen Kajaks. Am späten Nachmittag steuerten wir unseren Strand an, zogen unser Kajak bis zur Tidegrenze und schlugen unser Nachtlager auf. Fern ab von laufendem Wasser und Elektrizität genossen wir die Stille der Natur und lauschten den ankommenden Wellen, bis uns die Augen zufielen.
Am nächsten Morgen konnten wir es kaum erwarten weiterzufahren. Eilig packten wir zusammen und begaben uns aufs Meer. Auf der weiteren Strecke beobachteten wir unzählige Seehunde, die im Wasser tollten oder einfach faul auf den Felsen lagen. Der Wind hatte im Vergleich zum Vortag etwas nachgelassen, was unseren müden Armen durchaus gelegen kam. Dennoch mussten wir uns noch einmal ordentlich ins Zeug legen, um die „Mad Mile“ zu überwinden. Die Strecke gilt bei starken Wind als besonders schwierig und anstrengend. Doch wir genossen das turbulente Auf und Ab und nahmen die Herausforderung mit links. Wieder im „ruhigen“ Gewässer angekommen, nutzten wir die Ausleihfrist bis auf die letzte Minute aus und gaben unser Kajak mit letzten wehmütigen Blicken am Strand Onetahuti wieder ab. Die Erfahrung war spitze! Zuhause wird sich als erstes ein Kajak zugelegt! 😉
Auf der weiteren Tour wartete nun noch die 12 km Wanderung, die für den nächsten Tag auf dem Plan stand. Der einzige Haken an der Sache – die Tide, denn nach ihr mussten wir uns richten. Bereits im Informationszentrum wurde uns mit Nachdruck nahegelegt, eine gewisse Passage der Wanderung bis spätestens 9.30 Uhr zu erreichen, da diese auf Grund der zurückkommenden „Wassermassen“ sonst nicht mehr passierbar wäre. Vom Zeltplatz bis zu dieser Stelle waren es gut 2,5-3 Stunden Fußmarsch. Das hieß für uns früh morgens um 6 Uhr aufzustehen, Zelt zusammenzupacken und dann mit der Taschenlampe in der Hand zügig loszustiefeln. Da wir mal wieder etwas zu spät dran waren, nahm Caro das Wort „zügig“ sehr ernst! Während ich mit den 15 Kilo Gepäck – darunter 4 noch verbliebene 1,5 Liter Wasserflaschen – zu kämpfen hatte, lief sie ohne eine Pause einzulegen schnurstracks ihres Weges. Je heller es wurde umso steiler wurde der Anstieg. Ich schwitzte, schnaubte und räusperte vor mich hin – Caro jedoch schien all das wenig zu beeindrucken – vermutlich sah sie mich schon den Backpack über den Kopf und sich selbst unter meinem Arm durchs Wasser stapfen – sie war jedenfalls 3 Ecken weiter. Jedes Mal, wenn ich dachte, ich hätte den Peak des Hügels erreicht, kam ein neuer Anstieg. Der Weg schien endlos, selbst als die zu überquerende Stelle von Weitem schon zu erblicken war. Und obwohl es so aussah, als ob das Wasser noch längst nicht zurückkommen würde, zog Caro das Tempo noch einmal an. Selbst der Ruf einer kurzen Toilettenpause wurde zweifelsohne in Frage gestellt. Dann aber kamen wir endlich an. Einige andere Backpacker wateten bereits durchs flache Wasser – ja flach – der Begriff löste eine direkte Enttäuschung aus und ließ die Frage zurück, warum wir uns überhaupt so beeilt hatten. Etwas mehr Abenteuer wäre nach dieser Strapaze schon angemessen gewesen. Aber nix da – wir mussten also recht entspannt über den „trockengelegten“ Meeresboden bis zur anderen Seite waten. Dort angekommen, ließen wir dennoch erschöpft vom morgendlichen Marsch unser Gepäck fallen und setzten uns. Für die letzten 6 Kilometer hatten wir nun alle Zeit der Welt. Wir ließen die anderen Backpacker vornweg ziehen, entspannten an einigen Stränden, die Teil des Wanderweges waren und kamen am späten Nachmittag schlussendlich am Ziel an – von wo wir mit dem Wassertaxi die Küste entlang zurück nach Marahau fuhren. Mit einem Gefühl von Freiheit in der Brust, ließen wir die zurückgelegte Strecke noch einmal Revue passieren und waren froh uns für diesen Trip entschieden zu haben.
Nelson // Der letzte Stopp auf Nimmerland brachte uns in die sonnenverwöhnteste Stadt Neuseelands. Mit der Gutwettergarantie im Gepäck planten wir ein paar Tage ein, um diverse organisatorische Dinge zu erledigen. Als erste und eben auch letzte größere Stadt vor der Abreise auf die Nordinsel, weiß Nelson seinen Profit aus den Campern zu schlagen. Dementsprechend ausgerichtet, bietet Nelson einen großen kostenfreien Stellplatz, ein nettes Informationszentrum mit Steckdosen und besitzt durch die zahlreichen in der Stadt verteilten Wifi-Telefonzellen ein gut ausgebautes Internetangebot. Letztere finden sich übrigens nicht nur hier, sondern überall in Neuseeland verteilt, was auch in Westeuropa eine Alternative zu den meist nicht genutzten Telefonzellen darstellen könnte. So sonnig die Zeit in Nelson auch war, so groß waren auch die Probleme. Crystal Meth schien allgegenwärtig und so wunderten wir uns anfangs noch über die merkwürdigen Verhaltensweisen der überdurchschnittlich hohen Anzahl an Strangern. Das Problem reicht sogar soweit, dass es ganze Firmen beschäftigt, Häuser vor einem Kauf auf Chemikalien zu überprüfen, die durch das Kochen von Crystal Math freigesetzt werden. Anscheinend wechseln die „Köche“ so oft die Häuslichkeit, dass bereits eine Großzahl an Wohnungen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Wir für unseren Teil versuchten meist einen Bogen um die unberechenbar wirkenden Abhängigen zu machen. Nach 4 Tagen verließen wir schließlich Nelson, um uns auf den Weg zur Fähre nach Picton zu begeben. Einige eindrucksvolle Fjorde sowie eine halbe Nacht später legte unsere Fähre im frühen Morgengrauen ab und wir verließen Nimmerland. Doch wer weiß, vielleicht nicht für immer…
ANKÜNDIGUNG // Ich werde mich gemütlich in die Hängematte legen, denn Caro wird die Tasten übernehmen und für den Abschlussblog zu Neuseeland sorgen! Ihr könnt gespannt sein, das Fazit aus ihren Augen zu sehen!
next // blog 05 – sheep sheep